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Die Abnahme einer Individualsoftware
Die Abnahme einer Individualsoftware
Der Bedeutung der Abnahme bei Beauftragung einer Individualsoftware kann gar nicht genug Aufmerksamkeit geschenkt werden. Die Rechtsfolgen einer Abnahme sind nämlich weitreichend. Mit der Abnahme bestätigt der Auftraggeber, dass der Auftragnehmer seinen Leistungspflichten nachgekommen ist. Dies gilt auch dann, wenn ein an sich mangelhaftes System in Unkenntnis des Mangels vorbehaltslos als Erfüllung angenommen wurde. Aufgrund diesen weitreichenden Folgen sollte der Auftraggeber die Abnahme nur erklären, wenn keine (gravierenden) Mängel vorliegen.
Rechtsfolgen der Abnahme
Die Abnahme hat zur Übersicht folgende Rechtsfolgen:
• Übergangvon Erfüllungsansprüchen zu gewährleistungsrechtlichen Mängelansprüchen;
• Fälligkeitder Vergütung;
• Beginndes Laufes der Verzugszinsen;
• Übergang der Vergütungsgefahr, das heißtdie Gefahr des zufälligen Untergangs geht auf den Auftraggeber über beigleichzeitig weiterhin bestehen dem Vergütungsanspruch des Auftragnehmers;
• Verjährungsbeginn für Mängelansprüche;
• Beginnder Frist zur Geltendmachung der Mängelrügeobliegenheit.
Angesichts dieser weiterreichenden Rechtsfolgen darf die Bedeutung der Abnahme nicht unterschätzt werden.
Voraussetzungen für Abnahme
Zur abnahmefähigen Herstellung gehört die Vollendung aller vertraglich geschuldeten Leistungen. Überlässt der Anbieter dem Anwenderauch den Quellcode, so gehört zu einer sorgfältigen Abnahmeprüfung durch den Anwender auch der Test, ob daraus ein lauffähiger Objektcode generiert werden kann. Zur Ablieferung müssen auch die wesentlichen Dokumentationen gehören. Die Benutzerhandbücher gehören genauso zur Softwareerstellung wie das Leistungsergebnis selbst. Fehlen diese, so fehlt es an der Abnahmereife.
Protokollierung der Abnahme
Nach Durchführung des Abnahmetests ist ein Protokoll über die durchgeführten Einzeltests und die dabei erzielten Ergebnisse zuerstellen, das Abnahmeprotokoll. Das Abnahmeprotokoll enthält die Übernahmeobjekte (Deliverables, Dokumente etc), durchgeführte Prüfungen,festgestellte Mängel, Nachforderungen, Abnahmeentscheidung mit etwaigen Kommentaren. Testumwelt, Testläufe und aufgetretene Fehler mit Ursachenanalysesollten ebenfalls vollständig erfasst und aufgezählt werden. Die Projektabnahme bedarf eines unterzeichneten Abschlussdokuments.
Was folgt nach der Abnahme
Softwareunternehmen ist anzuraten, mit der Abnahme derSoftware noch nicht den finalen Schlussstrich hinter ein Projekt zu setzten. Gerade weil man meint, das Projekt sei im Grunde genommen fertig, werden vieleIT-Projekte nicht richtig abgeschlossen, wodurch ein Misserfolg des gesamten Projekts entstehen kann. Es sollte keinesfalls unterschätzt werden, dass die Zufriedenheit des Auftraggebers erheblich beeinträchtigt wird, wenn gerade beim Abschluss noch ausstehender Leistungen – seien sie vom Aufwand und von der objektiven Bedeutung auch eher gering – mit erheblicher Verzögerung erbracht werden.
Mit einem sauberen Projektabschluss sollen letztlich folgende Ziele erreicht werden: die Abnahme wird dokumentiert, das Projektergebnis wird von Stakeholdern tatsächlich akzeptiert und für künftige Projekte können Erfahrungen aus dem Projekt genutzt werden.
Praxis-Input
Im Individualsoftwarevertrag sollte eine präzise Regelung hinsichtlich der Umsetzung und des Umfangs des Abnahmeprozederes vereinbart werden. Der Zeitpunkt der Abnahme ist regelmäßig auch relevant für den Beginn des Wartungsvertrages (und den damit verbundenen Entgeltpflichten). Tendenziell zu vermeiden ist ein Abstellen der Abnahme auf den Zeitpunkt der„Go-Live-Setzung“ oder „Inbetriebnahme“ der Software. Dies sind keine exakt definierten Zeitpunkte, was zu einer zusätzlichen Komplexität des Sachverhaltes beitragen kann.
Zum Autor:
Dr. Tobias Tretzmüller, LLM, B.A. ist Rechtsanwalt mit Fokus auf den Bereich des Softwarerechts. Er ist auf IT-Vertragsgestaltung, IT-Streitigkeiten, E-Commerce, Markenrecht, neue Technologien (Blockchain, KI) sowie Datenschutzrecht spezialisiert. Umfassende Lehr- und Vortragstätigkeitensowie Publikationen in einschlägigen Medien (Handbuch Softwarerecht im Linde-Verlag).
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